Jens Kerbel

 

 

 

Projekt:

 

George Perec

 

DIE GEHALTSERHÖHUNG


Aus dem Französischen von Eugen Helmlé

 

 

 

Leitung: Jennifer Whigham und Jens Kerbel

Ausstattung: Mathilde Grebot

Dramaturgie: Almuth Voss

 

Mit: Anastasia Gubareva, Sinead Kennedy, Oliver Chomik, Hendrik Richter

 

 

Premiere im Rahmen der NRW-Theatertreffens: April 2009, Theater Bonn (im Godesberger Tennisclub Grün-Weiß e.V.)

 

 

 

 

 

ZUM STÜCK:

 

In DIE GEHALTSERHÖHUNG variiert Perec die immer gleiche Grundsituation: Ein Angestellter sucht seinen Vorgesetzten auf, um eine Gehaltserhöhung zu erbitten. Wird ihn die Sekretärin vorlassen? Ist der Vorgesetzte anwesend? Ist er guter Dinge, oder sind seine Kinder an den Masern erkrankt? Am Ende des Stückes steht der Anfang: "Angenommen - etwas, das man alle Tage sieht - Sie haben Ihre Gehaltserhöhung nicht bekommen. In diesem Fall müssen Sie wieder von vorne anfangen." (Bühnenverlag)

 

 

 

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Sie haben reiflich nachgedacht haben ihren ganzen mut zusammengenommen und entschließen sich ihren abteilungsleiter aufzusuchen um ihn um eine gehaltserhöhung zu bitten sie suchen ihn sagen wir um die sache zu vereinfachen denn man muss immer vereinfachen er heißt monsieur xavier das heißt monsieur x sie suchen also monsieur x auf da gibt es nur entweder oder entweder ist monsieur x in seinem büro oder aber monsieur x ist nicht in seinem büro wenn monsieur x in seinem büro wäre gäbe es allem anschein nach kein problem aber natürlich ist monsieur x nicht in seinem büro es bleibt ihnen folglich nur eins nämlich im flur auf seine rückkehr oder seine ankunft zu warten aber nehmen wir nicht an er würde nicht kommen denn in diesem fall gäbe es am ende nur noch eine einzige lösung nämlich in ihr eigenes büro zurückzukehren und den nachmittag oder den nächsten tag abzuwarten um einen neuen versuch zu unternehmen sondern etwas ganz alltägliches er hätte sich mit seiner rückkehr verspätet in diesem fall wäre das beste was sie tun können anstatt weiter im flur auf und ab zu gehen ihrer kollegin mademoiselle y die wir um unserer spröden beweisführung etwas mehr menschlichkeit zu verleihen von nun an mademoiselle yolande nennen werden einen besuch abzustatten aber da gibt es nur entweder oder entweder ist mademoiselle yolande in ihrem büro oder aber mademoiselle yolande ist nicht in ihrem büro wenn mademoiselle yolande in ihrem büro ist gibt es allem anschein nach kein problem aber nehmen wir an mademoiselle yolande ist nicht in ihrem büro in diesem fall bietet sich ihnen angesichts des umstands dass sie keine lust haben weiter im flur auf und ab zu gehen während sie auf die hypothetische rückkehr oder die mögliche ankunft von monsieur x warten eine einzige lösung nämlich eine runde durch die verschiedenen abteilungen zu drehen deren gesamtheit ganz oder teilweise die organisation bildet die sie beschäftigt und dann zu monsieur x zurückzukehren in der hoffnung dass er diesmal eingetroffen ist nun gibt es nur entweder oder entweder ist monsieur x in seinem büro oder monsieur x ist nicht in seinem büro nehmen wir einmal an er wäre nicht dort folglich erwarten sie seine rückkehr oder seine ankunft während sie im flur auf und ab gehen ja aber angenommen er lässt mit dem kommen auf sich warten in diesem fall gehen sie nachsehen ob mademoiselle yolande in ihrem büro ist da gibt es nur entweder oder entweder sie ist dort oder aber sie ist nicht dort wenn sie nicht dort ist wäre das beste was sie tun können eine runde durch die verschiedenen abteilungen zu drehen deren gesamtheit ganz oder teilweise die organisation bildet die sie beschäftigt aber nehmen wir eher an mademoiselle yolande ist in ihrem büro in diesem fall gibt es nur entweder oder entweder hat mademoiselle yolande gute laune oder mademoiselle yolande hat keine gute laune nehmen wir zunächst an dass mademoiselle yolande keine aber auch nicht die geringste gute laune hat in diesem fall drehen sie ohne den mut zu verlieren eine runde durch die verschiedenen abteilungen deren gesamtheit ganz oder teilweise die organisation bildet die sie beschäftigt dann kehren sie zu monsieur x zurück in der hoffnung er sei angekommen nun gibt es nur entweder oder entweder ist monsieur x in seinem büro oder monsieur x ist nicht in seinem büro sind sie etwa in ihrem büro nein also warum sollte monsieur x dann in seinem büro sein vielleicht ist er ja in ihrem büro und hat die absicht ihnen einen rüffel zu erteilen wenn sie zurückkommen oder vielleicht geht er gerade vor dem büro seines eigenen chefs welcher zosthène heißt und den wir von nun an monsieur z zu nennen beschließen [...]

 

(Aus: "Über die Kunst seinen Chef anzusprechen und ihn um eine Gehaltserhöhung zu bitten" von George Perec, Klett-Cotta Verlag)