Jens Kerbel

FOTOGALERIE | VIDEO

 

 

 

 

 

                

 

 

Eine Performance-Reihe für Bonn von THEATER BONN und fringe ensemble

 

 

Künstlerische Leitung: Frank Heuel und Jens Kerbel

Ausstattung: Annika Ley

Technische Leitung: Karsten Mayer

Licht: Sirko Lamprecht

Dramaturgie: Christopher Hanf

 

Mitarbeit Dramaturgie: Svenja Pauka, Ingo Piess

Mitarbeit Kostüm: Gabriele Natascha Richter

Musik: Gregor Schwellenbach, Mathias Höhn, Martin Erdmann

 

Mit: Bonner Bürgern und Philine Bührer, Justine Hauer, Bettina Marugg, Laila Nielsen, Tatjana Pasztor, Konrad Beikircher, Bernd Braun, David Fischer, Severin von Hoensbroech, Manuel Klein, Nico Link, Andreas Meidinger, Harald Redmer, Stefan Preiss und vielen anderen

 

 

Mit freundlicher Unterstützung von Hucko Immobilien, Galeria Kaufhof, Eugenia Fabrizi, Kristina Wydra, Jennifer Whigam, Katja Frechen

       

               

 

 

 

 

Die Performance-Reihe WIRKLICHKEITSTEST fand vom 25.06 - 02.07 im Bonner Stadtgebiet statt. Dabei wurden in über 30 Veranstaltungen 15 verschiedene Orte bespielt.

 

 

 

Foto: Thilo Beu

 

 

 

DIE IDEE:

 

Auf der Suche nach der Wirklichkeit verlassen wir für unsere Performance-Reihe die Theaterhäuser und Kunsträume und begeben uns mitten hinein in die soziale Realität vor Ort. Wir wollen erkunden, was passiert, wenn Poesie auf Wirklichkeit trifft. Stellen Sie sich vor: Ihr Taxifahrer singt plötzlich eine Opernarie und erzählt erstaunliche Geschichten aus seinem Leben. An der Kasse im Supermarkt beginnt der Scanner unvermittelt über das Phänomen Zeit zu philosophieren. Im Stadthaus erklingt in allen Ecken Homers Odyssee. Der Rhein beginnt zu singen. Mitten auf dem Münsterplatz gründen Menschen, die sich vorher noch nicht kannten, eine Wohngemeinschaft. In einem Schaufenster findet eine Sicherheitskonferenz statt. Aus dem Megaphon eines Wahlkampfautos dröhnen Gedichte von Heinrich Heine. Und ein afghanischer Junge stutzt einem deutschen Topmanager auf dem Marktplatz von Bad Godesberg den Bart.

Eine Woche lang wird der öffentliche Raum der Stadt Bonn zum Manövergebiet für unsere spielerischen Eingreiftruppen. Auf der Schnittstelle zwischen Inszenierung und Realität werden Aktionen stattfinden, die für Irritationen im Alltag sorgen. Unvermittelt werden Passanten auf offener Straße zu Beobachtern und sogar zu Mitwirkenden eines Theatergeschehens. Es geht darum, das Fremde im Vertrauten aufzuspüren. Die Stadtgeschichte mit der Gegenwart ins Spiel zu bringen. Für Unterbrechungen in der Routine zu sorgen. Das Unwahrscheinliche geschehen zu lassen. Seien Sie auf vieles gefasst! Lassen Sie sich irritieren! (Ankündigungstext)

 

 

 

 

Kunstflow im Testzentrum (Foto: Thilo Beu)

 

 

  

PRESSE:

 

Generalanzeiger, 22.06.2011

 

"Wirklichkeitstest" mitten in Bonn

 

Bonn. Ein Taxifahrer, der Opernarien singt, Gedichte von Heinrich Heine aus dem Megafon und Kinder, die Passanten auf der Straße die Haare schneiden: Das und mehr kann den Bonnern in der Woche vom 25. Juni bis 2. Juli passieren, wenn Theater Bonn und das Fringe Ensemble zum "Wirklichkeitstest" aufrufen.

Die neue Performance-Reihe unter künstlerischer Leitung der Regisseure Jens Kerbel und Frank Heuel führt das Theater aus den Spielstätten mitten ins Stadtzentrum und bezieht selbst Position im Ladenlokal der ehemaligen Creperie am Markt 3.

 

Mit Kneipe und "Open Stage" wird das von Annika Ley und ihrem Team ausgestattete "Testzentrum" acht Tage lang zum Treffpunkt für Mitwirkende und Publikum gleichermaßen. Leicht erkennbar an dem leuchtenden Orange, das sich auch im Logo der Aktion - dem Hinweisschild "Sammelpunkt" - wiederfindet.

 

Der "Wirklichkeitstest" setzt nunmehr die vor vier Jahren begonnene Kooperation zwischen dem Stadttheater und dem freien Ensemble mit Sitz in Endenich fort, die seinerzeit mit dem "Club der Utopisten" startete und zu deren festem Haus mittlerweile die Werkstattbühne geworden ist. Geplant sind 17 Aktionen, die sich zum Teil wiederholen, so dass das Programm insgesamt 27 Termine umfasst.

"Dabei sind wir auch direkt auf die Beteiligung der Bürger angewiesen", kündigt Jens Kerbel an. Zum Beispiel beim Friseurworkshop "Messer, Gabel, Schere, Licht" am Samstag, 25. Juni, von 11 bis 14 Uhr auf dem Godesberger Theaterplatz und bei der Aktion "Grüßen sie Gott?" um 18 Uhr auf dem Marktplatz, bei der Bonner ausgewählte Texte aus dem Talmud, dem Koran und der Bibel vortragen.

 

Für die Aktion "Warum ist es am Rhein so schön?" am Sonntag, 26. Juni, 14 Uhr, bei der in Höhe der Kennedybrücke von beiden Ufern aus gesungen wird, gibt es laut Heuel schon mehrere hundert Anmeldungen.

Auf dem Prospekt finden sich Ortsangaben, Uhrzeiten und vor allem Fragen über Fragen, die sich direkt vor Ort klären. "So wird der Wirklichkeitstest zur Stadterkundung", bringt es Generalintendant Klaus Weise auf den Punkt.

 

Von Ulrike Strauch

 

  

 

Generalanzeiger, 01.07.2011

 

Kaffee in der Badewanne

 

Bonn. Normalerweise geht es etwa so: rein ins Parkhaus, Rolltreppe aufwärts, Abteilung ansteuern, Ware greifen, bezahlen und zurück. Zum Bummeln ist wieder keine Zeit, ein anderes Mal vielleicht. Soweit zur realen und alltäglichen Erfahrung eines Kaufhausbesuches.

 

Der "Wirklichkeitstest" jedoch, die einwöchige Performance-Reihe unter künstlerischer Leitung der Regisseure Jens Kerbel (Theater Bonn) und Frank Heuel (Fringe Ensemble), stellt an einem sonst doch recht gewöhnlichen Mittwochabend alles auf den Kopf. So als hätte David Lynch, der Meister surreal-absurder Szenerien, just die Bonner Galeria Kaufhof zum Set seines neuen Projekts erkoren.

 Wo sich im Keller an einer festlich gedeckten Tafel mit lauter leeren Stühlen Casanova an seine Liebschaften erinnert, wo zwei Unbekannte mit schwarzen Sonnenbrillen im Erdgeschoss Ausschau nach Godot halten und ein Feuerwehrmann zwischen den Etagen hin und herfährt, um aus Rolf Dieter Brinkmanns "Rolltreppen im August" zu reklamieren.

 

"Bedenke, dass die Zeit Geld ist" heißt die Aktion. Die - subversiv, wie sie ist - natürlich auf genau das Gegenteil zielt. Und tatsächlich, manche Kunden lassen den Einkauf kurzerhand Einkauf sein, um den Schauspielern wie David Fischer und Manuel Klein, Bettina Marugg, Justine Hauer, Philine Bührer, Laila Nielsen, Andreas Meidinger, Harald Redmer und anderen kreuz und quer durchs Haus zu folgen.

 

Studenten mit orangefarbenen T-Shirts weisen den Weg zur nächsten Aktion, die natürlich niemand verpassen möchte: seien es Schlingensiefs Memoiren im Bett, eine Szene aus Jim Jarmuschs Film "Coffee and Cigarettes" in einer von Jens Kerbel eigens mit frischem Schaum aufgefülltem Badewanne und Nachrichten aus der "Zeit von morgen" in der Leseecke im 4. Obergeschoss. Womit nach rund zwei Stunden der Beweis erbracht wäre, dass sich die mitunter recht profane Wirklichkeit gut und gern unterbrechen lässt. Jedenfalls ist das offenbar in Bonn so.

 

Von Ulrike Strauch

 

 

 

 

 

 

Das 'Wahlkampfauto' in der Innenstadt (Foto: Thilo Beu)

 

 

 

__________________________________________________________________________________

 

 

 

Wenn es einen Wirklichkeitssinn gibt, muss es auch einen Möglichkeitssinn geben. Wer ihn besitzt, sagt beispielsweise nicht: Hier ist dies oder das geschehen, wird geschehen, muss geschehen; sondern er erfindet: Hier könnte, sollte oder müsste geschehen; und wenn man ihm von irgend etwas erklärt, dass es so sei, wie es sei, dann denkt er: Nun, es könnte wahrscheinlich auch anders sein. (Robert Musil)

 

 

 

Was ist Wirklichkeit?

 

 

 

 

 

 

 

      

WIRKLICHKEITSTEST wurde gefördert durch die Kulturstiftung NRW